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Publication Neuartige Zielproteine für Antibiotika: Respiratorische Flavoproteine aus pathogenen Bakterien(2025) Vering, Jonatan; Fritz, GünterDer steigende Anteil antibiotika-resistenter, bakterieller Erreger stellt eine immer größer wer-dende Bedrohung für das Gesundheitssystem von Entwicklungsländern und Industrienationen dar. Mangelnde Disziplin und Fehlverhalten beim Einsatz von Antibiotika sind dabei eine trei-bende Kraft für das vermehrte Auftreten resistenter Stämme. Das Ausmaß des Problems wird durch den Aufruf zur Entwicklung neuartiger Antibiotika durch die Weltgesundheitsorganisa-tion deutlich. Die Entwicklung neuartiger Antibiotika gegen die γ-Proteobakterien Acinetobac-ter baumannii, Klebsiella pneumoniae und Pseudomonas aeruginosa hat laut der WHO höchste Priorität. Flavinkofaktoren sind in allen lebenden Organismen essenziell. Ihre Funktionen sind vielseitig. Am häufigsten sind Flavine allerdings an der Katalyse von Redoxreaktionen beteiligt. Flavine sind somit auch ein wichtiger Bestandteil der Atmungskette von Prokaryoten und Eukaryoten. Die Na+ translozierende NADH:Ubichinon Oxidoreduktase (Na+-NQR) stellt eine Eintrittsstelle für Elektronen in die Atmungskette einer Vielzahl von γ-Proteobakterien dar, darunter klinisch relevante Pathogene. Die Na+-NQR koppelt die Redox-Reaktion an den Aufbau eines Natrium-Gradienten zwischen Cytoplasma und Periplasma. Dieser Gradient wird für die ATP-Gewin-nung, die Osmoregulation und den Metabolitentransport genutzt, und ist somit auch hinsicht-lich der Virulenz eines Erregers bedeutsam. Diese Tatsache macht die Na+-NQR zu einem Ziel-protein für neue Antibiotika. Die Na+-NQR nutzt vier Flavin-Kofaktoren. Zwei Flavinmononuk-leotide sind über eine Phosphodiesterbindung kovalent an das Enzym gebunden. Diese Bin-dung wird durch Enzyme der ApbE Familie katalysiert, die eine Domäne aus konservierten Aminosäureresten für die Insertion des Flavinkofaktors erkennen. Diese Enzymklasse kommt ausschließlich in Prokaryoten vor. Neben der Na+-NQR werden auch weitere Enzyme aus der bakteriellen Atmungskette durch die ApbE Familie kovalent FMNyliert. ApbE stellt somit ein weiteres, vielversprechendes Zielprotein zur Entwicklung neuer Inhibitoren und Antibiotika dar. Erstes Ziel der vorliegenden Arbeit ist die umfassende Charakterisierung des Aktivzentrums der FAD-Domäne der NqrF-Untereinheit der Na+-NQR. Die FAD-Domäne katalysiert die initiale Oxidation von NADH. Aus vorangegangenen strukturbiologischen Untersuchungen der NADH-Bindetasche in der FAD-Domäne aus K. pneumoniae ergaben sich Hinweise für eine weitere NADH (oder NAD+) Bindetasche. Aufgrund dieser Beobachtung wurde die Hypothese aufgestellt, dass diese zweite NAD(H)-Bindetasche von katalytischer Relevanz ist. Durch orts-spezifische Mutagenese, sowie durch kinetische und spektroskopische Analysen wurde ge-zeigt, dass NADH und NAD+ an diese Tasche binden. In der FAD-Domäne der Na+-NQR wird durch diese zweite NADH-Bindetasche eine hohe Affi-nität des Substrats gewährleistet. Dies wurde in vitro unter Verwendung der gereinigten Na+-NQR aus Vibrio cholerae gezeigt, und in vivo in Wachstumsexperimenten mit V. cholerae be-stätigt. Des Weiteren wurde der Mechanismus der Enzyme der ApbE-Familie untersucht. Es war bekannt, dass alle Aminosäurereste der konservierten Tasche des Zielproteins, in der die FMNylierung stattfindet, einen Einfluss auf die FMN-Transferaseaktivität von ApbE bzw. ho-mologen Enzymen haben. Es wurde gezeigt, dass ein Peptid, welches auf der Aminosäurese-quenz der konservierten Flavinylierungstasche basiert, von Enzymen der ApbE-Familie er-kannt und kovalent FMNyliert wird. Dies ermöglicht nun erstmals eine funktionelle Analyse der Enzyme der ApbE-Familie. Die fragment-basierte Identifizierung von neuen Wirkstoffen („fragment-based drug dis-covery“) ist ein kristallographisches Hochdurchsatzverfahren, um kleine Moleküle („frag-ments“) zu identifizieren und weiterzuentwickeln, die an biologische Zielmoleküle wie bei-spielsweise Proteine binden. Hier wurden Enzyme der ApbE-Familie als Zielprotein verwendet, um neuartige Inhibitoren zu entwickeln, die gegen diese essenziellen, bakteriellen Enzyme wirken. Abschließend wurde ein kristallographiebasiertes Fragment Screening durchgeführt. Dazu ist es notwendig, ein Kristallsystem zu etablieren, bei dem das aktive Zentrum gut zugänglich ist. Außerdem müssen die Kristalle eine hohe Toleranz gegenüber DMSO haben, welches das Lö-sungsmittel ist, in dem die Fragmente gelöst werden. Es wurde daher die Hypothese aufgestellt, dass es vorteilhaft ist, mehrere Homologe eines Enzyms zu kristallisieren, um ein Kristallsystem zu identifizieren, welches für den Fragment Screening Ansatz geeignet ist. Nur eines von vier untersuchten Kristallsystemen war für das Fragment Screening geeignet. Dies ermöglichte die Identifizierung von sechs Vorläufermole-külen, die in die Substratbindetasche von ApbE binden. Die gezeigten Daten sind ein wichtiger Baustein für das Verständnis der Mechanismen der Na+-NQR und der ApbE Familie. Die Studien sind grundlegend für das Design von hochaffinen Inhibitoren dieser Enzyme.
